16. Februar
Endlich ist der Segen eingetroffen – es regnet!
Nachdem ich mehrere Tage hintereinander mit jedem Taxi-Fahrer aufs Neue Gespräche über Matar (Regen) und Climate Change geführt habe, schüttet es nun endlich auf Eimern und sättigt den Boden. Die Luft ist plötzlich frisch und rein, nicht mehr versmogt von Abgasen und man kann wieder spürbar freier atmen.
Gerade sitze ich in der EGE, der Ecole de Gouvernance et d’Economie de Rabat im südlichen Universitätsviertel der Stadt und schaue einem gewaltigen Wolkenbruch zu, den ich zum Glück nicht hautnah erleben muss, weil ich meine Regenjacke heute in bestem Gutdünken zuhause gelassen habe.
Zuhause hat sich seit dem letzten Artikel auch schon wieder geändert, den jeden Tag zwei Mal 2€ für ein Taxi zur Villa und zurück zu bezahlen, hat die vergleichbar niedrige Miete dann doch wieder ansteigen lassen. Fahrrad fährt hier selten jemand und grade spät abends fühle ich mich dabei auch nicht gerade wohl.
Nun wohne ich im Viertel Hassan, das an der komplett entgegengesetzten Seite der Stadt ist, nämlich im Norden, direkt an der Grenze zur Nachbarstadt Sale. Nachdem ich am Freitag die Entscheidung getroffen hatte, schaute ich mir direkt zwei Wohnungen an, die allerdings in einem super schäbigen Zustand oder als Tochterersatz bei einer stark mütterlichen Dame war. Beide nur fünf Minuten zu Fuß vom Ozean weg in der Rue Bukarest und Rue Sophia, aber dann doch nicht so ganz das, wonach ich suchte.
Am Sonntag durchforstete ich mithilfe Kathis Facebook Profil noch einmal die Rabat Colocation Gruppe und fand eine WG mit zwei Italienern direkt im ruhigsten und entspanntesten Viertel der Stadt: Hassan. Nur zwei Straßen von der Tram weg und mit einem großen, hellen Zimmer. Abends konnte ich schon die Sachen umräumen und einziehen, ohne Vertrag und die erste Miete später Cash auf die Hand.
Endlich komme ich nun an, habe Fotos aufgehängt, einen Teppich bekommen, kann mich einrichten und fühle mich nicht mehr wie in einem Hotel, in dem ich bloß nichts ändern darf, weil ich Angst hätte, das perfekte Ensemble zu zerstören.
Am Samstag haben wir, das heißt Kathi und Salvatore, ein EGE-Kommilitone aus Neapel, in Casablanca einen Marokkaner besucht, den wir aus Regensburg kennen: Youssef. Dort war er im vergangenen Semester Kathis Buddy, wo sie an der OTH für ihn zuständig war und ihn in Regensburg unterstützt hat. Ein zufälliger Rückaustausch in dieser Form ist wohl ziemlich einzigartig, doch es war umso schöner, bei seiner Familie zum traditionellen Couscous-Mahl eingeladen zu sein. Die Portion war gigantisch groß! Wahnsinn! Nun macht es auch endlich Sinn, warum die Tische so riesig sind. Aber lecker und gut gewürzt und mit kandierten Zwiebeln und Rosinen garniert. Das ist auf der Liste schon mal abgehakt: Traditionell hausgemachten Couscous essen. Besser wird’s nicht.
Von Casa sehen wir heute nicht viel, da der Couscous mit Tee, der Tee mit Keksen und die Kekse mit Kaffe und noch mehr Keksen abgerundet wird. Dazu spielen wir auf der Gitarre des Bruders, singen querfeldein marokkanisch-international und genießen den Tag mit den Freunden.
Mittlerweile scheint der Alltag einzusetzen und die zweite Uni-Woche bringt einiges an Struktur und Regelmäßigkeit, die auch hier in Rabat herzlich willkommen ist. Ich belege Kurse in Marokkanischem Dialekt (Darija), Hocharabisch, Political Violence and Reconciliation, Gender and Rural Studies, Civil Society in Morocco und Histoire de l’Afrique et du Monde Arabe.Obacht jedoch, wenn man als International in einer kleinen Stadt wie Rabat ist, in der sich jeder kennt und viele Verknüpfungen bestehen. Gestern stand einer meiner Professoren nämlich bereits vor der Tür, da er bei meinen Mitbewohnern zum Essen eingeladen war.