Der erste volle Tag in Agadir beginnt entspannt und ohne Zeitstress. Nach dem Aufstehen warten wir auf Yassine und frühstücken dann mit Nadja, obwohl Yassines Familie uns lediglich Tee zur Verfügung stellt. Zum Glück haben wir noch zwei Pfirsiche dabei, die wir zu dritt teilen. Daraufhin warten wir auf Yassine, der noch Nadja zum Bahnhof bringt und uns dann mit in die Stadt nehmen will.
Nadja ist eine fesche, clevere und elegante Französin, die in Algerien geboren ist und schon oft in Marokko war. Sie bezeichnet sich selbst als Abenteuerin, erzählt Geschichten von zahlreichen Reisen und strebt immer danach, sich aktiv und lebendig zu fühlen. Eine sehr Liebe ist sie und wir verstehen uns auf Anhieb perfekt. Sie hatte Yassine auch über Couchsurfing kennen gelernt und genoss die Zeit dort auch sehr.
So warten wir schließlich bis 15 Uhr und fahren endlich mit Yassine an den Strand von Agadir – an ein Stück, das ein wenig weiter außerhalb der Stadt liegt. Er sorgt für den Service, mietet uns Strandliegen und kennt mal wieder die Besitzer, mit denen er Quatscht und zusammen raucht. Er erzählt, dass er auch komplett ohne Geld herkommen könnte und dennoch von allen gut bewirtet würde. Sein Geheimtipp ist es, sich überall Freunde zu machen. Dann kann nichts passieren und jeder ist einem wohl gesonnen und hilft gerne.
Im Schatten von Agadir ist es kühl und windig, in der Sonne wiederum extrem heiß und kaum auszuhalten. Die Wellen sind toll, das Wasser ist stark salzig, aber das Meer ist einfach perfekt. Wir schwimmen lange, genießen den Strandtag und können mal richtig entspannen. Yassine plant eine Sandschlacht und seift uns gehörig ein, wir machen viel Quatsch und verstehen uns sehr gut.
In den Strand vor den Liegen schreiben wir in den Sand Arabisch und zeigen Felix Buchstabe für Buchstabe das arabische Alphabet, das er innerhalb einer halben Stunde gelernt hatte. Mit einem Buch zum Deutschlernen war es perfekt, weil man anhand der Transkription des Deutschen die Wörter sehr gut lernen kann.
Yassine erzählt die Geschichte von seinem Ägyptischen Sohn Youssef, der nun vier Jahre alt ist. Er hatte selbst bereits in Ägypten gelernt, sich dann aber von seiner Frau getrennt und war zurück nach Marokko gekommen. Auch von einer deutschen Freundin, die total auf Eulen stand, erzählt er. Es war wohl sogar ziemlich ernst zwischen ihnen, aber als ihm an einer Stelle die kontinuierliche Kommunikation zu viel geworden war, trennten sie sich.
Nach einem schönen, entspannten Nachmittag fahren wir wieder zurück, haben alle drei Hunger, aber missverstehen uns fatal. Ich hatte verstanden, wir würden nach Hause zu ihm fahren, um dort etwas zu Essen zu machen, währenddessen er genau wusste, dass es abends kein warmes Essen mehr Zuhause gibt und er stattdessen ein Restaurant gesucht hätte. So warten Felix und ich drei Stunden lang darauf, dass das Essen fertig wird und ich frage vergeblich, ob wir helfen können, Yassine wiederum wartet auf uns und darbt in seinem Hunger. Uns war die Hitze ein wenig viel, schlafen und ruhen uns aus, rätseln und sitzen dann mit ihm auf dem Balkon, bis wir darauf kommen, dass wir alle aufeinander warten.
Das geklärt geht es endlich los, wir fahren wieder an den Strand und gehen in einem kleinen Restaurant essen. Panini mit Fritten, auch nicht das Allerbeste, aber nunja. Der Kellner dort war zuvor sein Haschischdealer, der schließlich aber aufflog und für 9 Monate ins Gefängnis musste. Nun ist er seit 2 bis 3 Monaten wieder draußen und arbeitet dort im Restaurant.
Die Strandmeile ist voll mit Karussels, Riesenrad und kleinen Musikgruppen, die zum Tanzen einladen. Wir laufen runter zum Wasser an den Strand und treten mit den Füßen Schritt für Schritt gegen den weichen, sanften Sand an. Wir quatschen, machen im Restaurant Pläne, zu flüchten, ohne die Rechnung zu bezahlen und die Stimmung ist gut. Alle sind wir ein wenig müde, aber genießen doch die gemeinsame Zeit.
Von dort fahren wir mit dem Taxi zu ihm nach Hause. Felix fängt an, die Buchstaben auf den Autos zu lesen und sie sich Schritt für Schritt zu erschließen. Wie ein Tag den Blick auf eine komplett unbekannte Sprache verändern kann ist unfassbar.
Zuhause sitzen wir auf der Terasse und gesellen uns zu ihm, der sich einen Joint dreht und ihn weiterreicht. Untermalt von deutscher Musik quatschen wir, machen eine spontane Kissenschlacht und machen uns über die deutsche Sprache lustig auch wenn seine Ansichten doch ein wenig übertrieben sind. Schmetterling. Was ein schönes Wort.
Es ist ein toller Aufenthalt in Agadir – und das nur ihm, seinem Charme und seinen Witzen zuschulden. Auch wenn er von der Trennung noch ein wenig durcheinander ist und nicht wirklich in sich ruht, ist er ein toller Typ und ich werde ihn auf jeden Fall wieder besuchen. Am darauffolgenden Tag ruft er uns sogar an und sagt, dass er uns vermisst und dass wir auf jeden Fall wiederkommen sollen.