INDIA: Namaste – ein letztes Mal aus Indien!

Donnerstag, 31. Juli 2013

So, nun ist es so weit, das Ende meines ersten Indienaufenthalts rückt unaufhörlich näher und hat mich schon zwiespältig nah erreicht. Am Samstag werde ich das Kasturbagram, Indore und meine Freunde hier verlassen, werde nach Ahmedabad fahren, wo ich in Indien vor einem Jahr angekommen bin und werde dann am 5. August zurück nach Deutschland fliegen.

Von Rundreise über Ankommen zu Abreise

Erst seit knapp zwei Wochen bin ich wieder von meiner zweimonatigen Reise zurück und nach der wunderbaren Zeit, die ich dabei hatte, war es ein wenig traurig, ins Kasturbagram zurück zu kommen. Das Hostel, in dem ich vor der Reise endlich tiefere Kontakte knüpfen und einige sehr gute Freundinnen finden konnte, ist nun von den ein Jahr jüngeren Nachfolgerinnen besetzt, die mich wieder – genau wie ein ganzes Jahr zuvor – erstmal nur als die Weiße betrachten, die so wunderbar anders aussieht und super spannend ist und die man natürlich ausfragen muss. Der einzige Hoffnungsschimmer war dabei, dass unter anderem eine meiner besten Freundinnen zum weiterführenden Studium (Master of Arts im Kasturbagram College) zurückgekommen ist und ich somit wenigstens einige vertraute Gesichter um mich habe.

So habe ich in meinen letzten zwei Wochen im Kasturbagram viel Zeit mit Packen, Sortieren und Vorbereitungen verbracht, damit die beiden Volunteers, die in zwei Wochen mein Zimmer beziehen werden, für den Anfang schon ein paar Starthilfen bekommen. Als Cara und ich im Kasturbagram ankamen, hat es erst einmal ziemlich lange gedauert, bis wir das ganze große Gelände erkundet hatten und uns zurechtfinden konnten. So habe ich Pläne des Geländes, des Busnetzes und der Umgebung von Kasturbagram erstellt, habe die wichtigsten Gebete des täglichen Prayers übersetzt (auch für mich eine große Bereicherung) und wichtige Adressen und Infos zusammengeschrieben.

Auch der so tollen und vielfältigen Reise voll neuer Erfahrungen habe ich oft nachgetrauert, habe gleichzeitig versucht, die Zeit hier noch einigermaßen zu nutzen und bin doch immer ungeduldiger geworden, endlich nach Deutschland zurückzukehren. So lange habe ich dieser Zeit entgegengesehnt, habe daran gedacht, wie es sein wird, alle wiederzusehen, wie ich selbst Deutschland begegnen werde und auch versucht mir auszumalen, wie ich selbst wieder aufgenommen werde. Unerwartet schnell und ruppig ist dieses Ende nun immer näher gerückt und ich bin nicht sicher, wie ich damit überhaupt umgehen kann.

Tränenreicher Abschied

Sonntag, 3. August 2013

Nun bin ich wieder am Anfang. Ich bin heute Morgen in Ahmedabad angekommen, wo ich vor 11 ½ Monaten erstmals in Indien ankam. Heute Nacht werde ich mit drei anderen KURVE-Freiwilligen zum Flughafen fahren, von wo aus wir morgen sehr früh nach Dubai fliegen, dort die Nacht über couchsurfen und dann am Dienstag Abend in Frankfurt ankommen.

Freitag und Samstag waren wohl die aller-stressigsten Tage meines gesamten Indien-Jahres; so habe ich mir die letzten Tage im Kasturbagram nicht vorgestellt… Da der Samstag nur ein einziger Knoten voll Stress, Herumhetzerei, Schnellpacken, tränenreichem Verabschieden und Abschließen war, belasse ich es lieber beim Freitag, der mir so viel wichtiger ist.

Am Freitag habe ich den gesamten Tag damit verbracht, zu packen, an meinem Erinnerungsbuch für das Kasturbagram zu arbeiten, zwei Lieder auf Hindi einzuüben, eine Präsentation mit Bildern des gesamten Jahres zu erstellen, Mikro und Beamer zu organisieren, damit zu beginnen, das Zimmer sauber zu machen und zu entmüllen (nicht sehr erfolgreich…) und viele kleine Geschenktütchen zu packen. Freitag Abend fand nämlich meine Farewell-Party statt, bei der ich auf Hindi einen Jahresrückblick geben und Bedankungen an all diejenigen aussprechen wollte, die in diesem Jahr für mich so essentiell und unterstützend waren.

Nach den vielfältigen Vorbereitungen gelang es mir letztlich trotz des ganzes Stresses, vor versammelter Menge und auf Hindi, zu jedem der Bilder, die ich schnell zusammengemixt hatte, etwas zu erzählen und so einen groben Überblick über alle Projekte zu bieten, die ich in diesem Jahr gestartet und durchgeführt habe. Auch für mich relevante Events wie Diwali (Lichterfest im Oktober), eine Dancing-Competition der Colleges von Indore oder die Sichtung wunderschöner Pfauen kamen dabei nicht zu kurz. So konnte ich alle verschiedenen Bereiche Kasturbagrams zusammenbringen und allen Anwesenden – in der über-vollen Prayer Hall – zeigen, was dieses Jahr in Indien für mich bedeutet. Viele der Mädchen haben sich zu ihrer sehr großen Freude auf den Bildern wiedererkannt, haben über die noch nicht gesehenen Fotos gelacht, über Caras Pfauenbilder gestaunt und ich genoss eine zuvor selten erlebte Aufmerksamkeit. Auch von den Reisen – eine mit Cara rund um Indiens Osten & Süden und die andere alleine in den Norden & Westen – habe ich erzählt, habe mich schwergetan, die Frage, was das Beste am Jahr war, zu beantworten und meine neue Tutorin wohl nun doch endlich emotional erlebt, als sie gemerkt hat, wie viel ich in diesem Jahr doch gemacht habe, wie schwierig es teilweise gewesen sein muss und wie stark es mich persönlich bereichert hat.

Das Highlight des Abends waren jedoch zwei Lieder, die mir beide sehr viel bedeuten und großen Anklang fanden. Das eine ist ein Gebetslied des Hinduismus (Tune Mujhe Bulaya! – Du hast mich gerufen!), das ich im Gandhi-Aschram in Shimla gelernt habe. Die eingängige Melodie und den Refrain habe ich im täglichen Prayer schnell gelernt und hatte sehr viel Spaß dabei, es mit den Jungen dort zu singen. Das andere Lied war das Lieblingslied der Jungs in Shimla, das sie mit mir oft gesungen haben und mir sehr gut gefällt. Es ist ein Liebeslied aus dem Hindi-Film Aashiqui 2 (= eines der vielen Worte für „Liebe“ in Indien) und heißt „Tum Hi Ho“ (Du bist da). Beide habe ich also bei der Farewell-Party mit ein paar Freundinnen aus meinem Hostel gesungen – bessere und bekanntere Lieder hätten wir wohl kaum auswählen können. Es wurde sehr viel gelacht und über das Liebeslied amüsierten sich nicht nur die vielen Mädchen, sondern auch die versammelten Leiter, Arbeiter und Staff Members. Auch ein Taizé-Lied aus der Singing Class haben wir gesungen – „Selig seid ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes“ – welches ich im Januar mit ein paar Mädchen eingeübt hatte und welches diese noch im Kopf hatten.

Zuletzt war es mir sehr wichtig, mich bei meiner neuen Tutorin, meinem vorherigen Tutor Dr. Trivedi und einigen Personen zu bedanken, zu denen ich in diesem Jahr eine sehr enge und tiefgründige Verbindung aufbauen konnte. Einfach mal DANKE sagen, zu zeigen, dass es wichtig war und mir viel bedeutet, dass sie Zeit und Energie geopfert haben, um uns das Jahr hier so gut wie möglich zu machen.

Danke!

Ein großes Danke möchte ich nun zum Abschluss auch an all diejenigen richten, die mich das ganze Jahr lang über aus Deutschland unterstützt haben – moralisch, materiell, finanziell und aufbauend. An die ganzen Päckchenschicker, Emailer, Facebooker, Blogleser, An-mich-Denker, Fotoanschauer und vor allem an die vielen lieben Briefeschreiber – Danke!

Mein allergrößtes Danke geht aber wohl an Cara, meine Liebe. Ein Danke für eine Freundschaft wie eine Blume – immer wachsend, mal auf Irrwegen, mal schnell, mal weniger, mal in die Richtung und mal in jene, immer in Bewegung, immer in Erneuerung. Eine schöne Blume, die mir sehr wichtig geworden ist. Eine Freundschaft, die Indien ist; mein Indien, das eine Freundschaft ist. Auch du bist mein Indien, Cara!

Und ein ebenso großes Danke will ich an Mama und Papa richten. Für die ewigen Telefonate, an die konstante Unterstützung – egal, wo und in welcher Gemütsverfassung ich auch war – für das immer interessierte und sich-hereinversetzende Lesen meiner langen und vielen Emails, für die guten Bücher, Täglich-T-Shirts, das Zuhause-Geschmack-Kräutersalz und die Kräuter der Provence und für das meist ertragbare Heimweh nach Hause, das mich die ganze Zeit nach vorne schauen ließ und mich daran hinderte, stehen zu bleiben.